Was am „Global Day of Action“ problematisch ist

Am kommenden Samstag findet der Global Day of Action statt, mit Kundgebungen in mehr als 50 Städten weltweit. Das sieht auf den ersten Blick nach einer ziemlich guten Idee aus – auf den zweiten Blick allerdings schon deutlich weniger. Bei genauer Betrachtung der Forderungen etwa, die die Initiatoren dieses Ereignisses erheben, offenbaren sich Widersprüche, Auslassungen und ziemlich problematische Ansätze:

1. That member states and civil society organizations of the international community give sustained attention to the Iranian people’s human rights as a matter of international concern, and that the UN should immediately initiate an investigation into grave and systematic human rights violations in Iran, including the fate of prisoners and disappeared persons, unlawful killings, and torture and other ill-treatment;
2. An end to state-sponsored violence, accountability for crimes committed and no recourse to the death penalty;
3. The immediate and unconditional release of all prisoners of conscience, including politicians, journalists, students, and civil society activists; and
4. Freedom of assembly, freedom of association, and freedom of expression (including freedom of the press) as guaranteed by the Iranian constitution and Iran’s obligations under international covenants that it has signed.

Ausgerechnet an die Vereinten Nationen den Appell zu richten, eine Untersuchung einzuleiten, ist die Garantie dafür, dass in dieser Hinsicht nie etwas passieren wird. In der Uno sind die Autokratien und Diktaturen in der Mehrheit und decken sich seit Jahren gegenseitig. Das prominenteste Beispiel dafür in der jüngeren Vergangenheit ist die Durban-Nachfolgekonferenz der Vereinten Nationen in Genf, auf der Mahmud Ahmadinejad im April dieses Jahres als Stargast auftreten und einmal mehr gegen den UN-Mitgliedsstaat Israel hetzen durfte. Auch der Umgang des UN-Menschenrechtsrats mit Sri Lanka spricht Bände. Wer die Uno für die Hüterin der Menschenrechte hält, sitzt im günstigsten Fall einem Missverständnis auf. Sie damit zu beauftragen, die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu untersuchen, gleicht dem Versuch, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Abgesehen davon impliziert die Forderung, „ungesetzliche Tötungen“ unter die Lupe zu nehmen, dass die „gesetzlichen“ irgendwo in Ordnung sind. Schon angesichts der grundsätzlichen Illegitimität des iranischen Regimes ist das schlichtweg absurd.

Mehr als fragwürdig, um es zurückhaltend zu formulieren, ist auch die Berufung auf die iranische Verfassung unter Punkt vier. Ayatollah Yazdi hat erst vor wenigen Tagen bekräftigt, dass die islamische Regierung „ihre Legitimation von Gott erhält und ihre Popularität vom Volk bekommt“ (was zwangsläufig bedeutet, dass auch eine unpopuläre Regierung legitim ist). Damit widersprach er ausdrücklich Hashemi Rafsanjani. Wer nun fordert, es müsse bloß die iranische Verfassung eingehalten werden, um die Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit zu gewährleisten, bleibt nicht nur hinter Rafsanjani zurück (dessen Liebe und Treue zur „Islamischen Republik“ bekanntlich ungebrochen ist), sondern verkennt auch grundsätzlich den Charakter der theokratischen Diktatur im Iran, die ihre „Rechtmäßigkeit“ eben nicht auf den Wählerwillen stützt, sondern einzig auf Allah. Unter dieser Herrschaft kann es gar keine Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit geben.

So richtig und begrüßenswert der Ruf nach einem Ende der staatlichen Gewalt, nach der Freilassung der politischen Gefangenen und nach einer Bestrafung der Verantwortlichen für ihre Verbrechen ist: Was im Aufruf zum Global Day of Action fehlt – und das ist elementar! –, sind selbstverständliche demokratische Forderungen wie beispielsweise die nach freien (!) Wahlen – und das heißt gerade nicht nach Neuwahlen eines Präsidenten und von Parlamentariern, die zuvor die Gnade des Wächterrats gefunden haben müssen –, nach Säkularismus, nach einem Ende der Unterdrückung von Frauen und Homosexuellen sowie nach dem Stopp jeder Anerkennung und Unterstützung des Regimes (beziehungsweise was von ihm übrig geblieben ist) durch europäische Regierungen.

Doch derlei Auslassungen sind kein Zufall, wenn man sieht, welche Organisationen und Personen teilweise den Global Day of Action tragen respektive unterstützen. Da ist zum Beispiel amnesty international, vor kurzem noch mit der unsäglichen Forderung aufgefallen, die „Überwachung der Demonstrationen“ nicht den Basij-Banden, sondern lieber „der Polizei oder anderen Sicherheitskräften zu überlassen, die adäquat ausgebildet und ausgerüstet werden“. Demzufolge ist es für die Demonstranten also besser, von diesen „adäquat ausgebildeten und ausgerüsteten“ Repressionsorganen des Regimes zusammengeknüppelt, mit Chemikalien bespritzt oder erschossen zu werden. Auf amnesty, die Reporter ohne Grenzen und das P.E.N.-Zentrum geht offenbar auch die deutsche Übersetzung des Aufrufs zum globalen Aktionstag zurück, in dem ausdrücklich nur die Freilassung „gewaltloser“ Gefangener befürwortet wird – den Rest scheint man in den Knästen verschimmeln lassen zu wollen. Zu den Unterstützern des Global Day of Action gehört zudem Human Rights Watch, eine antiisraelische Organisation, die erst kürzlich in die Kritik geriet, weil sie sich unter anderem aus Saudi-Arabien finanzieren lässt. Auch Desmond Tutu und Mairead Maguire sind dafür bekannt, dass sie immer wieder Israel attackieren, das sie für einen „Apartheidstaat“ halten.

Vor diesen Hintergründen führt der Global Action Day ausweislich seines Aufrufs und eines Teils seiner Unterstützer nicht weiter, sondern fällt im Gegenteil zumindest einem nicht unerheblichen Teil der iranischen Freiheitsbewegung in den Rücken. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass die Organisatoren und Teilnehmer der Demonstrationen in den einzelnen Städten, die sich offiziell am Aktionstag beteiligen, andere und weitergehende Ziele haben. Die Veranstalter der Kundgebung in Düsseldorf beispielsweise fordern einen freien, säkularen und demokratischen Iran, die Freilassung aller inhaftierten Demonstranten und oppositionellen Politiker sowie die Nichtanerkennung des iranischen Regimes durch die Bundesregierung. Und das sollten die conditiones sine quibus non sein.

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Eine Antwort to “Was am „Global Day of Action“ problematisch ist”

  1. Die “Kriminellen Zionisten“ des herrn Karroubi « FREE IRAN NOW! Says:

    […] Darum ist es so wichtig, sich die Unterstützer der iranischen Demokratiebewegung genau anzusehen. […]


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