Die Odenwaldschule, eine UNESCO-Projektschule in Heppenheim, ist in jüngster Zeit wegen des dort offenbar jahrelang praktizierten massenhaften sexuellen Kindesmissbrauchs bundesweit ins Gerede gekommen. Seltener wird über die ideologischen Hintergründe dieser Institution berichtet, die sich mindestens 1000 Jahre lang, nämlich bis zur deutschen Niederlage, als Teil der „Lebensreformer“-Bewegung begriff. Idealisierung von Gemeinschaft, germanische Mystik, archaischer Autoritarismus, esoterisches Geschwurbel und exzessiver Körperkult, z.B. das obligatorische morgendliche „Luftbad“ und regelmäßiges Nacktturnen waren die Eckpfeiler der an dieser Schule üblichen so genannten Reformpädagogik. Ständige Grenzüberschreitungen, Penetrationen zumindest im Geiste, gehörten hier zu einem System, das wie auch immer utopistisch verquast letztlich die Brechung und Unterwerfung seiner Schützlinge zum Ziele hatte.

Und die Geschichte kennt keine Stunde Null, zumal wenn sie nie einer kritischen Betrachtung unterzogen worden ist. Historische Kontinuitäten folgen verschlungenen Pfaden, doch sie sind kein Hexenwerk. Die zahllosen bekannt gewordenen Missbrauchsfälle sind in diesem Sinne so wenig abwegig wie die im UNESCO-Verbund mit der Königin-Luise-Schule und dem Hainberg-Gymnasium Göttingen unternommene Annäherung an das iranische Mullahregime mittels Schüleraustausch. Auch in letzterem Fall sind die Schülerinnen und Schüler wieder die eigentlichen Opfer, missbraucht im Dienste einer menschenverachtenden Ideologie, die noch immer vieles gemein hat mit der zu Anfang des 20. Jahrhunderts proklamierten: Zivilisationsfeindlichkeit, Hass auf den Westen, Sehnsucht nach Volk und Führer.
Diese Ideologie wird von den Beteiligten üblicherweise notdürftig kaschiert, doch manchmal bricht sie einfach aus ihnen heraus. 2007 beispielsweise sprach Lehrer Hartmut Dietrich, an der Odenwaldschule offenbar für den deutsch-iranischen Kuhhandel zuständig, von der „wechselseitige[n] Verlogenheit zwischen dem Westen und diesem Regime“. Er schwärmte von „Jürgen Todenhöfers warmherzigem und scharfsinnigem Buch über den Irak-Krieg“ (hier S. 33) und fuhr mit Bezug auf den Iran fort:
„Wer Respekt, Freiheit und Selbstbestimmung ernst nimmt, darf nicht versuchen,den Menschen in den muslimischen Ländern unsere Vorstellungen von Demokratie und liberaler Lebensgestaltung sowie von der Rolle der Religion in der Gesellschaft aufzudrängen.“
Todenhöfer („Bin Laden tötete weniger Menschen als Bush“) hat sich immer wieder als Apologet des islamischen Terrors hervorgetan.