SPIEGEL ONLINE titelt:
Ahmadinedschad sorgt mit Israel-Hassrede für Eklat
So weit nichts neues, UN-Vollversammlung halt. Streng genommen handelt es sich hierbei nicht einmal um eine Nachricht im eigentliche Sinne, besteht jene doch im Kern in der Weitergabe einer Neuigkeit. Ahmadinedschads antisemitische Rede im Kreise Delegierter der UN kam indes weder unerwartet, noch war sie die erste ihrer Art. Eine wahrhaftige Nachricht wäre gewesen, wenn Ahmadinedschad keine antisemitische Rede vor der UN-Vollversammlung gehalten hätte.
Überaus aufschlussreich ist hingegen eine Aussage der deutschen UN-Sprecherin:
Eine Sprecherin der deutschen Uno-Botschaft sagte, man habe die Israel-Passage als „inakzeptabel antisemitisch“ empfunden und habe daher mit vielen anderen europäischen Kollegen den Saal verlassen.
„Inakzeptabel antisemitisch“ impliziert unweigerlich, dass es auch ein „akzeptabel antisemitisch“ geben muss. Für diese Ehrlichkeit ist der deutschen Sprecherin zu danken, denn sie bringt so unfreiwillig den deutschen Spagat in Bezug auf Antisemitismus auf den Punkt, der gemeinhin als Staatsräson deklariert wird.
Auf der einen Seite gibt es einen „inakzeptablen Antisemitismus“, vertreten etwa durch Ahmadinedschad oder die Nationalsozialisten. Sich gegen diesen im Allgemeinen auch von der Mehrheit der Medien und Politiker als solchen bezeichneten Antisemitismus auszusprechen, ist in Deutschland ebenso selbstverständlich wie kostengünstig und folgenlos. Sobald jedoch bloße Rhetorik in Taten überzugehen droht, lässt das Engagement der selbst erklärten Gegner des „inakzeptablen Antisemitismus“ bereits merklich nach. Insbesondere dann, wenn es mit Einbußen für die deutsche Wirtschaft verbunden wäre.
Auf der anderen Seite gibt es das Gegenstück zum „inakzeptablen Antisemitismus“, jene von der deutschen UN-Sprecherin nicht einmal auf einen Begriff gebrachte Form des „akzeptablen Antisemitismus„. Dieser in weiten Teilen der Öffentlichkeit gar nicht als solcher wahrgenommene Antisemitismus zeichnet Felicia Langer und Henning Mankell ebenso aus wie gefühlte zwei Drittel der Linkspartei. Da dieser Antisemitismus in der Regel nicht einmal als Antisemitismus erkannt, jedenfalls nicht als solcher bezeichnet wird, wird er nicht bekämpft, sondern in Leitartikeln deutscher Tageszeitungen in die Welt posaunt oder in Form von Ehrungen für seine Anhänger zum gesellschaftlich Wünschenswerten verklärt.
Dass indes nicht nur deutsche UN-Sprecher Probleme haben, Antisemitismus auch nur begrifflich richtig zu fassen, zeigt die Äußerung des amerikanischen Sprechers:
„Es ist enttäuschend, dass Herr Ahmadinedschad einmal mehr hasserfüllte, beleidigende und antisemitische Rhetorik gewählt hat“, erklärte der Sprecher der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen, Mark Kornblau.
Wenn ein Adjektiv Ahmadinedschads Äußerungen am wenigsten treffend beschreibt, so ist es das Wort „enttäuschend“. Doch nicht nur das Adjektiv im oben zitierten Satz ist vollkommen falsch, auch das Verb ist eine einzige Lüge: Ahmadinedschad hat nicht nach Lust und Laune eine „antisemitische Rhetorik gewählt„, so wie man morgens ein paar graue oder schwarze Socken anzieht. Ahmadinedschad hat lediglich gesagt, was er – und gewiss nicht nur er – denkt, an was er glaubt. Er hat seine durch und durch antisemitische Überzeugung zum wiederholten Male der Weltöffentlichkeit offenbart. Wer davon enttäuscht ist, das ein Antisemit sich antisemitisch äußert – oder in den Worten des amerikanischen Sprechers: eine antisemitische Rhetorik wählt -, müsste konsequenterweise jeden Tag aufs Neue enttäuscht sein, dass die Sonne abends unter geht.
Crossposted auf Zeitung für Schland.
24. September 2009 um 12:23
[…] Kommentare Deutsche Staatsräson… zu „Israelkritik“ als…Deutsche Staatsräson… zu […]
24. September 2009 um 20:51
„Inakzeptabel antisemitisch“ impliziert unweigerlich, dass es auch ein „akzeptabel antisemitisch“ geben muss.
Exakt. Auf den Punkt getroffen!